Aufgewachsen unter Musikern
Pino Donaggio wird am 24. November 1941 als Giuseppe Donaggio auf der zu Venedig gehörenden Insel Burano geboren. Sein Großvater ist Musiker, drei seiner Onkel spielen am Teatro La Fenice und sein Vater hat ein eigenes Orchester, mit dem er in verschiedenen Clubs spielt. Bereits mit zehn Jahren beginnt Pino am Konservatorium Benedetto Marcello in Venedig mit dem Violine spielen. Sein Traum ist es als Solist um die Welt zu reisen und Konzerte zu geben. Dazu soll es jedoch nicht kommen. Nachdem Pino auf einer Party seines Vaters selbst zum Mikrofon greift und einige Lieder singt, bekommt er großen Zuspruch, so dass er für die nächste Party zusammen mit dem Orchester seines Vaters einige Lieder einstudiert. Auch wenn er erneut großen Zuspruch bekommt, nimmt ihm sein Vater den Wind aus den Segeln, indem er sagt, dass die Leute nur applaudierten, da er der Sohn des Orchesterleiters ist.
Über Mailand und Sanremo zum erfolgreichen Sänger
Auch Pino selbst möchte zu dem Zeitpunkt keine Karriere als Sänger machen, sondern geht nach Mailand ans Konservatorium Giuseppe Verdi, wo ihn Claudio Abbado schließlich als Solist für die „I Solisti di Milano“ engagiert. Ab Mitte der 50er-Jahre fängt Pino an Songs für andere Sänger zu schreiben und unterzeichnet einen Vertrag als Sänger, Autor, Komponist und Arrangeur bei Edizioni Curti, die auch Domenico Modugno unter Vertrag haben. 1959 entdeckt Pino den Rock ’n‘ Roll, singt zusammen mit Paul Anka auf dessen US-Tour und nimmt erste eigene Platten auf. Sein endgültiger Durchbruch und seine Abkehr von der klassischen Karriere folgen schließlich im Jahr 1961. Für die Schlagersängerin Mina hat er den Song „Come sinfonia“ geschrieben und hofft darauf, dass sie dieses Lied auf dem Festival in Sanremo singen wird. Mina hat allerdings zwei andere Lieder für das Festival geplant, ist allerdings von Pinos Lied so begeistert, dass sie ihn überredet, selbst damit anzutreten. So nimmt Pino mit 19 Jahren zum ersten Mal an dem Festival teil. Sein Lied gewinnt zwar nicht, es setzt sich allerdings an die Spitze der Verkaufscharts. In den nächsten Jahren wird Pino Donaggio zum Dauergast in Sanremo. 1963 wird er mit „Giovane giovane“ Dritter und 1965 präsentiert er dort seinen größten Hit „Io che non vivo (senza te)“, der mehrere Wochen die Verkaufscharts anführt. Dusty Springfield, die ebenfalls in diesem Jahr in Sanremo antritt, nimmt daraufhin die englische Version „You Don’t Have to Say You Love Me“ des Songs auf, mit der sie es in England auf Platz 1 und in den USA auf Platz 4 der Charts schafft. 1970 nimmt Elvis Presley den Song neu auf und macht ihn spätestens jetzt zu einem Allzeit-Klassiker. Im Jahr 2004 gehört das Lied zu den 500 besten Songs aller Zeiten des Rolling Stones Magazine. Auch wenn Pino Anfang der 70er Jahre weiterhin als Sänger und Komponist erfolgreich ist, nimmt seine Karriere 1973 noch einmal eine entscheidende Wendung.
Der Filmkomponist, der aus dem Nebel kam
Im Frühjahr 1973 geht Filmproduzent Ugo Mariotti eines morgens um 6 Uhr durch Venedig, als er durch den Nebel ein einsames Vaporetto fahren sieht. In dem Vaporetto erkennt er Pino Donaggio, der gerade auf dem Weg von einer Veranstaltung nach Hause ist. Mariotti arbeitet gerade an einem parapsychologischen Film und ist überzeugt, dass ihm dieses Bild aus dem Jenseits geschickt worden ist. Er überredet Pino die Musik zu dem Film zu schreiben. Der Film heißt „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ und wird, genauso wie sein Soundtrack, zu einem internationalen Erfolg.
Sein endgültiger Durchbruch als Filmkomponist folgt schließlich im Jahr 1976. Brian De Palma dreht gerade die Stephen-King-Adaption „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“. Die Musik für den Film soll eigentlich vom Hitchcock-Komponisten Bernard Herrmann geschrieben werden, doch stirbt dieser vor Produktionsbeginn. De Palma, dem der Soundtrack zu „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ gefallen hat, nimmt daraufhin Kontakt zu Pino auf und obwohl dieser bisher kein Wort Englisch spricht, entsteht eine freundschaftliche und produktive Zusammenarbeit. In den kommenden Jahren arbeiten die Beiden für acht Filme miteinander. Donaggio komponiert fortan sowohl für europäische als auch für US-Produktionen und schreibt die Musik für über 200 Filme und Serien, u.a. für die Hercule-Poirot-Verfilmung „Rendezvous mit einer Leiche“, Joe Dantes Horrorfilm „Piranhas“ oder die 2009er-Verfilmung von „Sisi“.
Zusammenarbeit mit Terence Hill
Im Jahr 1983 kommt es dann zur ersten Zusammenarbeit mit Terence Hill. Für sein Regiedebut „Keiner haut wie Don Camillo“ engagiert er Pino Donaggio für die Musik. Beide verstehen sich auf Anhieb und sie verbindet noch heute eine sehr freundschaftliche Beziehung. So komponiert Pino 1994 auch die Musik zum letzten gemeinsamen Spencer/Hill-Film „Die Troublemaker“. Auch für Terence Hills TV-Projekte „Don Matteo“, „L’uomo che cavalcava nel buio“ und „Die Bergpolizei“ steuert er den Soundtrack bei. Die bislang letzte Zusammenarbeit folgt im Jahr 2018 für Terence Hills „Mein Name ist Somebody“. Auch für Terence Hills Kinocomeback schreibt Pino Donaggio den Soundtrack, mit Ausnahme des Titellieds, welches als Hommage an Trinity von Franco Micalizzi stammt.
Im Jahr 2015 wird Pino in Sanremo während des Festivals mit einer Auszeichnung für sein Lebenswerk geehrt. 2019 gewinnt er den renommierten Premio Tenco, mit dem herausragende Liedermacher für ihr Lebenswerk ausgezeichnet werden. 2021 veröffentlicht Pino in Italien seine Autobiografie mit dem Titel „Come sinfonia“ (dt.: Wie eine Sinfonie). Das Vorwort für diese Biografie schreibt Terence Hill.
Pino lebt noch immer in Venedig und komponiert Filmmusiken, mittlerweile hauptsächlich für italienische Regisseure.